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  • lazaruspi

Onan der Barbar?

Eine kurze Geschichte der Selbstbefriedigung



Bin ich eigentlich der Einzige, der den Namen meines Website-Betreibers rasend komisch findet - auch und gerade im Zusammenhang mit erotischer Literatur? Ich meine, wix com - grammatisch ist das im Deutschen (zumindest klanglich) nichts anderes als eine Aufforderung: Na, komm schon! Es erinnert mich daran, wie damals(TM) in den 80ern die US-Hardrock-Band Vixen (dt. "Füchsin") groß wurde: Das Fachblatt Metal Hammer amüsierte sich so sehr über die Doppelbedeutung des Wortklangs, dass man sogar im Interview die Musikerinnen auf diesen Kalauer ansprach, die aber von dem deutschen Wort - wer hätte das gedacht - noch nie etwas gehört hatten.


Aber sei's drum - wenn mir hier schon ein Thema derart angedient wird, dann kann ich mich ihm schwerlich versagen, nicht wahr? Lasst uns also einen kurzen Blick auf die Kulturgeschichte der Selbstbefriedigung werfen!


"Sag nichts gegen Masturbation! Das ist Sex mit jemandem, den ich liebe!" Dieser Satz wird Woody Allen zugeschrieben, und auch wenn man sich angesichts der neurotischen Typen, die er besonders in seinen frühen Filmen spielte, wundern mag, dass er sich selbst überhaupt lieben konnte - es sei ihm gegönnt, und mit diesem Satz holte er immerhin dieses Hobby ein (kleines) Stück weit aus der Schmuddelecke. Das war damals geradezu revolutionär, denn es war noch nicht lange her, da hatten Eltern ihren Söhnen (mit Mädchen redete man in konservativen Kreisen über "so etwas" natürlich überhaupt nicht!) noch erzählt, wer "Hand an sich legt", wird blind oder verliert den Verstand. Vermutlich auch beides, wenn man es konsequent genug betreibt ...


Die Ursache dieser vehementen Ablehnung einer Frohsinn stiftenden und unschädlichen Freizeitbeschäftigung liegt, wie so oft im Bereich des Körperlichen, hauptsächlich in der Religion. Monty Python waren es, die den katholischen Kult um die Samenzellen, die bitteschön nur zur Vermehrung gedacht seien und zu nichts sonst, in die unsterblichen Verse gossen:


Every sperm is sacred

Every sperm is great

If a sperm is wasted

God gets quite irate


Dadurch verbieten sich logischerweise sowohl Verhütung als auch Masturbation! Selbst in der wenig religiös geprägten DDR verspürt der Protagonist des Wenderomans Helden wie wir, Klaus Uhlzscht, latente Gewissensbisse dabei, seine "Mikrofische", wie er die Spermien nennt, verschwenderisch in der Gegend zu verteilen, anstatt sie für den gebotenen Zweck einzusetzen.


Dabei geht diese exzessive Verdammung nicht zuletzt auf ein Missverständnis zurück. Onan, der Urvater aller Wichser*innen[1], wurde laut Genesis nicht etwa getötet, weil er sich sündig selbst befriedigt hatte - sondern weil er keinen Bock hatte, als Ersatzmann für seinen (zuvor auch schon vom Lieben Gott wg. Nichtgefallens entleibten) Bruder einzuspringen und mit dessen Witwe ein Kind zu machen! Das aber wäre nach damaligem Recht seine Pflicht gewesen. Nur deshalb griff er kurzerhand zur Selbsthilfe, anstatt mit seiner Schwägerin ins Bett zu gehen. Denn rechtlich wären wohl die potentiellen Kinder der Nachwuchs seines Bruders gewesen, und warum sollte er sich dann darauf versteifen, als Erzeuger zu dienen!?


Wie viele religiöse Vorschriften hatte auch diese Fixierung auf "Seid fruchtbar und mehret euch" ursprünglich tatsächlich mal einen Sinn. Heute jedoch, in diesen Zeiten ohne Schwagerehe und mit Überbevölkerung, brauchen wir uns dem wohl nicht mehr zu unterwerfen. Und auch wenn die Extremliedermacher Joint Venture noch in diesem Jahrtausend (auf sehr unterhaltsame Weise) gestanden: "Ich schäme mich beim Wichsen", hat sich doch schon einiges zum Besseren gewendet. So kann frau heute die traditionell noch viel stärker tabuisierte weibliche Selbstbefriedigung an der Uni lernen. Was soll da noch schiefgehen?


Doch die Menschheit wäre nicht die Menschheit, wenn es nicht schon wieder Rückschritte gäbe. Die NoFap-Bewegung will uns am liebsten wieder zurück ins moralische Mittelalter bringen. Dabei behauptet heute niemand mehr ernsthaft, Onanie sei in irgendeiner Weise gesundheitsschädlich (außer vielleicht, man holt sich einen Tennis-Arm, dafür müsste man's aber schon arg treiben). Im Gegenteil, Mediziner*innen diskutieren eigentlich nur noch, wie gesund diese Art der Manipulation (lat.: Kunstgriff) im Speziellen ist. Dass die Männer ihrer stets latent krebsgefährdeten Prostata etwas Gutes tun, indem sie Orgasmen haben - egal ob gemeinschaftlich erzeugt oder per Do-It-Yourself - gilt als ausgemacht, und zwar je öfter, je besser. Ob selbiges aber tatsächlich gegen Falten hilft, wie der britische Gesundheitsdienst NHS behauptete, wird noch heiß diskutiert. Auch der Schutzfaktor gegen alle möglichen anderen Krankheiten konnte noch nicht letztgültig bewiesen werden.


Aber was soll's? Dass etwas Freude macht, nichts kostet und niemandem schadet, ist schon mehr, als man von den meisten anderen Tätigkeiten auf diesem Planeten behaupten kann! Wie sagte schon Gotthold Ephraim Lessing, der Dichter der Aufklärung(!): "Nichts gibt mehr Ausdruck und Leben, als die Bewegung der Hände"!


In diesem Sinne wünsche ich allen Menschen da draußen: viel Spaß bei der Handarbeit!


Euer Lazarus







[1] Dass dieses Wort bis heute als Beleidigung gilt, zeigt, wie sehr wir der Kirchenmoral immer noch verhaftet sind.

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